Hintergrund

Samstag, 12. Dezember 2015

12. Dezember



Vielleicht habt ihr ein wenig Zeit und Ruhe, um euch einen Kaffee oder Tee zu holen und diese Geschichte zu lesen. Ich habe sie mal vor langer Zeit geschrieben, als meine Tochter noch klein war  - evtl. findet die Eine oder Andere sich ja wieder und weiß, was ich meine......



Stille


Das alte Ruderboot treibt in der morgendlichen Stille auf dem See und der Dunst verschleiert die aufgehende Sonne. Ich mache mich auf den Weg zum Ufer, um dort ein wenig zu verweilen und den Anblick zu genießen – und die Stille natürlich.  Die Ruhe, die ich dieser hektischen Zeit so sehr vermisse. Sie fehlt mir, um eine so schöne Landschaft oder eine solche Stimmung aufzunehmen oder aber ein gutes Buch und schöne Musik zu genießen.
Demnächst beginnt nun wieder die Adventszeit. Wie jedes Jahr nehme ich mir vor, diese besinnlichen Stunden in Ruhe zu verbringen. Wird es etwa wieder nur eine Hetzjagd nach Geschenken – eine ständige Raserei von einer Weihnachtsfeier zur nächsten – oder wochenlange Diskussion, wie man vier Verwandtschaftsbesuche und 350 km Autobahn auf zwei Weihnachtstage verteilt? Bestimmt nicht, denn dieses Jahr wird es nun wirklich anders.

Ich setze mich auf die kleine Bank am Ufer und beobachte einen Raubvogel, der hoch über dem See elegant seine Runden dreht. Der schert sich bestimmt nicht um Adventszeit und Weihnachtsstress!  Es muss herrlich sein, die Welt sorglos von dort oben zu betrachten. Wie klein all unsere Alltagssorgen wohl von ganz oben erscheinen? Ich stelle mir vor, wie ich als Vogel durch die Lüfte gleite und mir die Welt aus der Höhe betrachte. Ein verlockender Gedanke!

Ich träume vor mich hin und bilde mir ein, die Stille um mich herum hören zu können. Wie gut, dass ich mich vorhin nicht länger in meinem Bett hin- und hergewälzt, sondern aufgerafft habe und zum See gegangen bin. Ich bin fühle mich ausgeruht und ruhig und wandere weiter am Ufer entlang. Innerlich fühle ich mich für diesen neuen Tag gestärkt und trete allmählich den Heimweg an. Vor der Haustür bleibe ich kurz stehen, um mich noch einmal umzudrehen und auf den See zu schauen. Auch aus dieser Entfernung sehe ich noch den Raubvogel in der Luft seine Kreise ziehen und werfe ihm lächelnd  einen letzten wortlosen Gruß zu.
Als ich in meiner Tasche nach dem Schlüssel suche, werde ich von einem Erdbeben ergriffen und erstarre..... – meine Tochter lässt sich auf meinen Bauch plumpsen und ruft freudestrahlend: „Maaaaamiiii, bist du auch schon wach???“ Ein Traum – es war alles nur ein Traum. Kindergeschrei statt hörbarer Stille; verschüttete Milch statt Sonnenaufgang; ach ja, und dann ist da noch der Kalender: Morgen ist schon der 3. Advent. Was sollen wir Tante Edith nun eigentlich zu Weihnachten schenken?
„Mami, ich habe vom Sandmännchen geträumt. Und du?“ „Ich? Ich weiß es nicht mehr, aber ich glaube es war ein sehr, sehr schöner Traum.“



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